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Emder Lynchmobs

Die Entwicklungen um den Mordfall an dem 11jährigen Mädchen aus Emden drehen sich aktuell, wahrscheinlich aus Mangel an Tatverdächtigen, um die Äußerungen verschiedener Menschen bei Facebook. Wer mich kennt oder meine Äußerungen zu dem Thema auf Facebook mitverfolgen konnte, der weiß, dass ich kein Freund von „Todesstrafe für Kinderschänder“, Forderungen nach Selbstjustiz und Lynchmobs bin. Nur sollte man auch bei Themen, die einen selbst in Rage bringen, im Falle einer Berichterstattung versuchen, halbwegs sachlich zu bleiben.1 Stellvertretend für verschiedene Artikel, sei an dieser Stelle auf publikative.org verwiesen, die just den Artikel „Der Mob“ veröffentlicht hat. Der Artikel beginnt u.a. mit folgendem Absatz, der die Entwicklungen an sich recht treffend zusammenfasst:

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  1. Oder man schreibt Rant drüber bzw. macht deutlich, dass es sich um einen solchen handelt. []

Sensible Berichterstattung

In Emden hat sich dieser Tage ein schlimmes Verbrechen ereignet. Ein 11jähriges Mädchen wurde tot in einem Parkhaus gefunden, die Polizei ist sich sehr sicher, dass das Mädchen einem Gewaltverbrechen mit sexuellem Hintergrund zum Opfer gefallen ist. Die Ermittlungen sind noch in vollem Gange, was den örtlichen Zeitungen Gelegenheit gibt, ganz viele Artikel zu veröffentlichen. Der Facebook-Account der Ostfriesen Zeitung (OZ) mutete deswegen zwischenzeitlich wie ein Live-Ticker an. Die teilweise eher bescheidenen Kommentare verschiedener Facebook-Nutzer unter den Artikeln lassen einen teilweise schon am gesunden Menschenverstand zweifeln, was allerdings die „Schwesterzeitung“ der OZ, die ON (Ostfriesische Nachrichten), heute rausgehauen hat, das hat mir beim Frühstück mein essen wieder hochgetrieben. Kurze Vorgeschichte:

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Fehlende Ikonographie

Bestimmte Ereignisse sind in unserer medialisierten Welt in der Regel mit bestimmten Bildern verbunden. Je dramatischer oder einschneidender die Ereignisse, desto besser prägen sich die Bilder ein. Natürlich relativiert sich dies mit der Zeit: War man „live“ dabei1, so haben auch jetzt noch entsprechende Bilder eine andere Wirkung auf einen selbst, als auf „nachfolgende“ Generationen. 9/11 ist hier wohl das beste Beispiel. Wer 2001 alt genug war, um zu verstehen was da gerade vor sich geht, der verbindet andere Gefühle und Erinnerungen mit den Bildern, wie jemand, der diese Bilder „jetzt schon“ als Geschichte ansieht. Die Ereignisse am 11. September 2001 stellen allerdings eh einen besonderen Fall dar, da bei kaum einem anderen, vergleichbaren Ereignis die mediale Abdeckung so schnell und so andauernd war.
Im Zuge der Berichterstattung kommt es meist früher oder später zur Bildung von Ikonen. Bestimmte Bilder sind entweder so „passend“ oder werden so oft wiederholt, dass sie plötzlich mehr sind, als ein „Begleitmaterial“ für die Berichterstattung. Sie entwickeln eine Bedeutungsebene, die über das eigentliche Ereignis hinausgehen. Sei es nun der flüchtende NVA-Soldat, die brennenden oder einstürzenden Zwillingstürme oder das berühmte Bild „Raising the Flag on Iwo Jima„. Auch Flutbilder nach Tsunami-Katastrophen oder anderen Überflutungen haben teilweise einen ähnlichen Prozess durchlaufen, allerdings scheinen Ereignisse an denen Menschen als „Täter“ beteiligt waren eher zu einer Ikonbildung zu neigen, als Naturkatastrophen.

Interessant wird es, wenn man einmal betrachtet, welche, von Menschen irgendwie gemachte Katastrophen keine Ikonbildung nach sich ziehen, obwohl sie ebenfalls schwere Folgen haben. Gemeint sind an dieser Stelle atomare Katastrophen. Während man bei Atombomben, nicht zuletzt durch die markante „Pilzwolke“, noch von einer gewissen Ikonographie sprechen kann, so scheinen diese Ikons bei Reaktorunfällen zu fehlen. Harrisburg oder Three Mile Island, Tchernobyl oder eben auch Fukushima rufen, zumindest soweit es mich betrifft, keine bestimmten Bilder auf, höchstens ein gewisses Gefühl der Bedrohung. Woran könnte dies liegen? Im Gegensatz zu den bisher aufgezählten Beispielen sind atomare Katastrophen schleichende und vor allem nicht oder kaum visuell erfassbare Katastrophen. Atombomben explodieren und produzieren den typischen Pilz, dadurch werden sie für die visuell-dominierte Medienlandschaft fassbarer. Kaputte Kernkraftwerke bieten zwar auch ein gewisses Bild der Zerstörung, welches sich z.B. allerdings kaum von Bildern von Großbränden unterscheidet. Auch Bilder der Strahlenkrankheit sind, so schlimm sie auch sein mögen, scheinbar nicht zur Ikonbildung geeignet.

Was daraus zu folgen scheint, ist eine, für sonstige Verhältnisse, merkwürdig bilderlose bzw. bildlich distanziert wirkende Berichterstattung. Geht damit auch eine Marginalisierung der Ereignisse einher? Die Anti-Atom-Bewegung scheint zwar seit Fukushima wieder an Bewegungsmomnent gewonnen zu haben und auch die Wahlergebnisse der Grünen werden oft mit dem letzten GAU in Verbindung gebracht. Ebenfalls damit einherzugehen scheint ein schnelleres Verschwinden der Ereignisse aus dem Gedächtnis bzw. dem Interesse der Menschen, die weit genug von den Ereignissen entfernt wohnen, so dass sie auf die Medienberichterstattung angewiesen sind. Später liest man dann vielleicht nochmal von der „vergessenen Katastrophe“ oder ähnlichem.

[Endet hier, da ich irgendwie wieder nicht zu nem vernünftigen Schluss komme, aber den Draft nicht noch länger liegenlassen will.]

  1. Also in einem entsprechenden Alter oder gerade vor dem TV. []

Der Hauptmann dreht sich im Grabe um

Wilhelm Voigt, in der Version von Zuckmayr, sagte dereinst:

Richtig! Die [Wanze] lebt, Friedrich! Und weißte, warum se lebt? Erst kommt de Wanze, und dann de Wanzenordnung! Erst der Mensch, Friedrich! Und dann de Menschenordnung!

Im Hauptmann von Köpenick geht es um einen Mann, der einfach seinen Altersplatz im Leben finden will, es aber nicht schafft gegen die „Menschenordnung“ anzukommen, eben weil zuerst an die Ordnung und dann an den Menschen gedacht wird.1

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  1. Später versucht er genau diesen Umstand gegen die Ordnung selbst zu verwenden. []

Denken in roten Lettern

Guttenberg ist toll.

Ausländer sind böse.1

Christentum ist toll.

Islam ist böse.

National ist toll.

Multi ist böse.2

Tut mir einen Gefallen. Geht weg.

  1. Türken und Russen immer, Griechen ab und an mal. []
  2. Außer im Vitaminsaft. []

Frag mich was

Die NPD in Sachsen-Anhalt hat sich zur anstehenden Landtagswahl was ganz besonderes ausgedacht, nämlich den „NPD Wahlkompass“. Mit diesem kann der Besucher der Seite, der vielleicht die „Orientierung verloren“ hat, seinen politischen Kurs bestimmen. Damit das Land nicht „ausblutet“, kann man gucken, ob man „auf der gleichen Route“ segelt wier die braunen Kameraden mit den verlorenen Emails. Na, dann wollen wir mal gucken, mit was für Themen die sich so beschäftigen, und vor allem welche Antworten man so geben kann.

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Es steht in der Luft zwischen uns

Lange Zeit passte das Leben im Schrank. Irgendwas ist immer, aber als Schrankbewohner hat man sich eingerichtet. Die Schranktüren stehen Freunden immer offen, man trinkt Kaffee und pafft gemütlich eine. Aber irgendwas hat sich verändert, irgendwas ist anders geworden. Wenn ich mir meinen Schrank im Vergleich zu anderen so anschaue, dann haben alle eine gewisse Individualität. Wo bei mir das Rohr meines kleinen Reiseofens aus dem Schrank guckt, prangt bei manchen eine Klimaanlage. Wo mein Schrank viele versteckte Fensteröffnungen hat, so dass ich oft rausgucken kann, haben andere kleine, an Schießscharten erinnernde Öffnungen. Jeder Schrank hat außen andere Macken, andere Gebrauchsspuren usw. Auch innen sehen Schränke natürlich anders aus. Bei manchen wohnlich und gemütlich, bei anderen eher spartanisch und praktisch.

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Bilder und ihre Kontexte

Mit Bildern ist das immer so eine Sache. Bilder zeigen nur einen Augenblick, lassen nicht immer einen Rückschluss auf den Kontext zu und werden außerdem durch die Zeigesituation beeinflusst. Das Internet hat es nun möglich gemacht, dass eigentlich jeder auf eine nahezu unendliche Anzahl von Bildern zugreifen kann. Dadurch werden mitunter die selben Bilder in völlig unterschiedlichen Artikeln benutzt oder aber Bilder werden einfach „geklaut“, d.h. von irgendeiner Internetseite runtergeladen und dann für die eigenen Inhalte genutzt. Bei manchen Bildern darf man das unter Umständen sogar, mit verschiedenen Einschränkungen/Optionen zum Beispiel bei allen Bildern, die unter Creative Commons veröffentlicht werden. Bilder und ihre Kontexte weiterlesen

Augen auf!

Unser Innenminister Thomas de Maizière hat uns gewarnt. Deutschland stehen Anschläge bevor. Wann und wie genau, das kann nicht so genau gesagt werden. Panisch sollen wir auch nicht werden, wir sollen nur ein bisschen besser auf unsere Umgebung achten. Wie genau wir das tun sollen und auf was wir achten sollen? Das weiß keiner so genau, aber es gibt da verschiedene Ansätze. Berlins Innensenator Körting empfiehlt uns:
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„Ich möchte mit Ihnen über einen Vermittlungsvorschlag sprechen.“

Am 29. September bekam ich einen Brief von der ARGE Aurich. Der Betreff, schön fettgedruckt, war: 1. Einladung. Nach der Anrede ging der Brief dann so weiter:

bitte kommen Sie am 07.10.2010 um 10:00 Uhr in die Arbeitsgemeinschaft Arbeit und Soziales Aurich, D 26603 Aurich, Fischteichweg 7-13, Raum 3.062.

Ich möchte mit Ihnen über einen Vermittlungsvorschlag sprechen.

Es werden Ihnen verschiedene Stellenangebote vorgestellt.

Danach kamen dann die üblichen Rechtsbelehre, was bei Nichterscheinen passieren könnte usw. Was erwartet man das als Normalbürger, wenn man dahin geht?

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