Bestimmte Ereignisse sind in unserer medialisierten Welt in der Regel mit bestimmten Bildern verbunden. Je dramatischer oder einschneidender die Ereignisse, desto besser prägen sich die Bilder ein. Natürlich relativiert sich dies mit der Zeit: War man „live“ dabei, so haben auch jetzt noch entsprechende Bilder eine andere Wirkung auf einen selbst, als auf „nachfolgende“ Generationen. 9/11 ist hier wohl das beste Beispiel. Wer 2001 alt genug war, um zu verstehen was da gerade vor sich geht, der verbindet andere Gefühle und Erinnerungen mit den Bildern, wie jemand, der diese Bilder „jetzt schon“ als Geschichte ansieht. Die Ereignisse am 11. September 2001 stellen allerdings eh einen besonderen Fall dar, da bei kaum einem anderen, vergleichbaren Ereignis die mediale Abdeckung so schnell und so andauernd war.
Im Zuge der Berichterstattung kommt es meist früher oder später zur Bildung von Ikonen. Bestimmte Bilder sind entweder so „passend“ oder werden so oft wiederholt, dass sie plötzlich mehr sind, als ein „Begleitmaterial“ für die Berichterstattung. Sie entwickeln eine Bedeutungsebene, die über das eigentliche Ereignis hinausgehen. Sei es nun der flüchtende NVA-Soldat, die brennenden oder einstürzenden Zwillingstürme oder das berühmte Bild „Raising the Flag on Iwo Jima„. Auch Flutbilder nach Tsunami-Katastrophen oder anderen Überflutungen haben teilweise einen ähnlichen Prozess durchlaufen, allerdings scheinen Ereignisse an denen Menschen als „Täter“ beteiligt waren eher zu einer Ikonbildung zu neigen, als Naturkatastrophen.
Interessant wird es, wenn man einmal betrachtet, welche, von Menschen irgendwie gemachte Katastrophen keine Ikonbildung nach sich ziehen, obwohl sie ebenfalls schwere Folgen haben. Gemeint sind an dieser Stelle atomare Katastrophen. Während man bei Atombomben, nicht zuletzt durch die markante „Pilzwolke“, noch von einer gewissen Ikonographie sprechen kann, so scheinen diese Ikons bei Reaktorunfällen zu fehlen. Harrisburg oder Three Mile Island, Tchernobyl oder eben auch Fukushima rufen, zumindest soweit es mich betrifft, keine bestimmten Bilder auf, höchstens ein gewisses Gefühl der Bedrohung. Woran könnte dies liegen? Im Gegensatz zu den bisher aufgezählten Beispielen sind atomare Katastrophen schleichende und vor allem nicht oder kaum visuell erfassbare Katastrophen. Atombomben explodieren und produzieren den typischen Pilz, dadurch werden sie für die visuell-dominierte Medienlandschaft fassbarer. Kaputte Kernkraftwerke bieten zwar auch ein gewisses Bild der Zerstörung, welches sich z.B. allerdings kaum von Bildern von Großbränden unterscheidet. Auch Bilder der Strahlenkrankheit sind, so schlimm sie auch sein mögen, scheinbar nicht zur Ikonbildung geeignet.
Was daraus zu folgen scheint, ist eine, für sonstige Verhältnisse, merkwürdig bilderlose bzw. bildlich distanziert wirkende Berichterstattung. Geht damit auch eine Marginalisierung der Ereignisse einher? Die Anti-Atom-Bewegung scheint zwar seit Fukushima wieder an Bewegungsmomnent gewonnen zu haben und auch die Wahlergebnisse der Grünen werden oft mit dem letzten GAU in Verbindung gebracht. Ebenfalls damit einherzugehen scheint ein schnelleres Verschwinden der Ereignisse aus dem Gedächtnis bzw. dem Interesse der Menschen, die weit genug von den Ereignissen entfernt wohnen, so dass sie auf die Medienberichterstattung angewiesen sind. Später liest man dann vielleicht nochmal von der „vergessenen Katastrophe“ oder ähnlichem.
[Endet hier, da ich irgendwie wieder nicht zu nem vernünftigen Schluss komme, aber den Draft nicht noch länger liegenlassen will.]