Archiv der Kategorie: Und nun zu etwas völlig Anderem

Feine Sahne Fischfilet

Ich habe etwas getan, was in der, etwas euphemistisch ausgedrückt, bürgerlich-konservativen Bubble nicht sonderlich gut ankommt: Ich habe Feine Sahne Fischfilet interviewt. Zumindest den Bassisten. In der Zeitung.

Die Probleme an diesem Interview werden in den Kommentarspalten deutlich. Kurz gesagt: Wie kann ich es wagen, eine vom Verfassungsschutz beobachtete Band zu interviewen? Einwürfe, dass die Band nicht vom Bundesamt, sondern von Landesämtern beobachtet wird bzw. beobachtet wurde, bringen (natürlich) nichts.

Aber egal. Was auffällt: Es werden immer wieder drei Lieder angeführt, die den Linksradikalismus bzw. -extremismus der Band aufzeigen sollen. „Wut“, „Staatsgewalt“ und „Gefällt mir“. Wobei es übertrieben ist, zu sagen, dass die gesamten Lieder als Beispiel aufgeführt werden. Es werden immer nur einzelne Textpassagen genannt, fast unisono, auch über mehrere Nutzer hinweg.

Staatsgewalt

Besonders beliebt ist das auf dem Debut-Album „Backstage mit Freunden“ erschienene „Staatsgewalt“ (2009). Ein Album, das vergriffen ist und von dem sich Feine Sahne mittlerweile mehrfach distanziert haben. Die Zeit hat zu „Staatsgewalt“ im vergangenen Jahr zum Beispiel Folgendes geschrieben:

„Die [der Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern] spinnen doch“, sagt Jan Gorkow, der Sänger von FSF, den alle nur Monchi nennen, wenn man ihn darauf [auf den Verfassungsschutzbericht Mecklenburg-Vorpommern] anspricht. Den Song Staatsgewalt spiele man schon lange nicht mehr: „Er ist uns schlicht zu platt.“ Der Vorwurf, das Lied rufe zu Gewalt auf? Ein „alter Schlapphut“.

Die Zeit, „Aber bitte mit Sahne

Von Gegnern der Band wird vor allem „Die Bullenhelme, die sollen fliegen / Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein.“ als Beispiel für die (allerdings nicht mehr gesungene) Staatsfeindlichkeit angeführt. Mancher geht noch einen Schritt weiter und zitiert noch die umliegenden Zeilen des eben genannten Ausschnittes:

Wir stellen unseren eigenen Trupp zusammen
Und schicken den Mob dann auf euch rauf
Die Bullenhelme – sie sollen fliegen
Eure Knüppel kriegt ihr in die Fresse rein
Und danach schicken wir euch nach Bayern
denn die Ostsee soll frei von Bullen sein

Feine Sahne Fischfilet, „Staatsgewalt“ (2009)

Natürlich sind das Gewaltfantasien gegen Polizisten. Aber, und das ist ein Punkt, der immer vernachlässigt wird, es ist eine Fantasie, die in einem Kontext steht. Denn, und darum geht es in Staatsgewalt in fünf von acht Strophen: Das lyrische Ich sitzt vor Gericht. Und wurde zuvor von Polizisten im Einsatz zusammengeschlagen.

Der Anfang des Liedes setzt den Kontext:

Blutiges Gesicht,
Aufstehn kann ich nicht.
Ich kann mich nicht bewegen.
Dafür komm ich vors Gericht. 

Sie haben mich getreten.
Sie haben mich geschlagen.
Ich hab mich nur gewehrt
Und dafür woll’n sie mich verklagen!

Feine Sahne Fischfilet, „Staatsgewalt“ (2009)

Das lyrische Ich prangert hier eine bestimmte Form der Staatsgewalt an: Polizisten, die auf Menschen einprügeln. Mit Blick auf die Band: auf linke Menschen einprügeln. Ein Feindbild, das wohl schon so lange existiert wie der Punk: Links gegen Polizei. Aber auch ein Feindbild, welches oft genug eine Entsprechung in der Realität findet. Übertriebene Polizeigewalt wird von linken Gruppierungen immer wieder angeprangert.

Aber zurück zum Lied und zum Kontext, der oft genug vergessen wird. Im weiteren Verlauf des gerade einmal zwei Minuten und 22 Sekunden langen Liedes, wird weiter das Verprügelt-werden durch Polizisten beschrieben. Bis der Protagonist des Liedes seine Konsequenzen zieht. Vor dem zuvor zitierten Abschnitt mit dem eigenen Trupp heißt es:

Denn was ihr könnt,
Das können wir schon lange,
Und wir geben erst recht jetzt noch nicht auf.

Feine Sahne Fischfilet, „Staatsgewalt“ (2009)

Der Aufruf zur Gewalt entspringt also dem Kontext einer Rachefantasie. Sie hat im Lied einen ganz bestimmten Ursprung und richtet sich nicht gegen die Polizei im Allgemeinen, sondern gegen die als Feinde wahrgenommenen Beamten, für die in linken Kreisen auch ganz gerne der Begriff „Knüppelgarde“ benutzt wird.

Macht es das Lied besser? Das muss jeder für sich entscheiden. Ein allgemeiner Aufruf zur Gewalt gegen alle Polizisten ist es aber nicht. Die Band distanziert sich, auch wegen Texten mit sexistischem Inhalt, mittlerweile von dem Album „Backstage mit Freunden“. Dem Spiegel sagte Frontmann Jan „Monchi“ Gorkow dazu:

Auf ihrem ersten Album gibt es Lieder mit sexistischen Textpassagen, für die sie sich inzwischen schämen. Die einzige Entschuldigung, die Monchi gelten lässt. „Wir waren 18, 19 Jahre alt. Wäre dieses Album nicht ausverkauft, würden wir es nicht mehr vertreiben.“

Spiegel Online, „Die Staatsfeinde

Gefällt mir

Drei Jahre weiter. 2012 erschien das Feine Sahne Fischfilet Album „Scheitern & Verstehen“. Darauf findet sich das Lied „Gefällt mir“. Hier zitieren Kritiker der Band vor allem die Zeilen „Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck! Gib mir ein „like“ gegen Deutschland“.

Auch das ist ziemlich aus dem Kontext gerissen, denn es geht auch hier um ein ganz spezielles Deutschland.

Leere, hohle Phrase. Schwarz, rot, gold im Gesicht
Ob jetzt rechts oder links – man nun nerv‘ doch nicht!
Wir wollen doch nur feiern und die Party zelebrieren
Besoffen abhitlern, das kann ja mal passieren

Feine Sahne Fischfilet, „Gefällt mir“ (2012)

Sechs Jahre nach der „WM im eigenen Land“, zwei Jahre nach dem 3. Platz der Fußball-Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft in Südafrika und im Jahr der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine, wählt Feine Sahne wohl nicht umsonst diesen Einstieg. Schminke in den Farben der Nationalflagge der BRD gehört zu den festen Bestandteilen der Fußballkultur spätestens seit 2006. Von den einen als Party-Patriotismus kritisiert, von den anderen als neuer, guter Nationalstolz gefeiert, ist die Bezugnahme zu eben diesem „Deutschsein“ unverkennbar.

Aber auch die Bigotterie, die durch Sätze wie „Ich bin ja kein Nazi, aber…“ oder „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen“ verkörpert wird, wird in der zweiten Strophe aufgenommen.

Ihr habt nichts gegen Schwarze und ihr habt nichts gegen Schwule
Ja da seid ihr euch gewiss, denn das lernt ihr in der Schule
Ihr seid ach so tolerant, ihr seid achso reflektiert
Und wenn Ronny nicht schuftet, hofft ihr, dass er krepiert

Feine Sahne Fischfilet, „Gefällt mir“ (2012)

Feine Sahne Fischfilet zeichnen hier das Bild eines immer wieder von Links kritisierten Deutschlands. Das ist wenig überraschend und wird wohl auch deswegen quasi nie zitiert.

Darauf folgt ein Einschub im Lied, welches eher zitierfähig ist, aber auf den meisten Lyrics-Seiten im Netz nicht auftaucht – und die meisten Kritiker der Band haben ihre Aufreger-Zeilen eben von diesen Seiten.

Ponyhof statt Deutschland, das wär ne Idee
Deutschland gib dein Handy, wir lieben das Klischee
Punk heißt gegen’s Vaterland, das ist doch allen klar
Deutschland verrecke, das wäre wunderbar!

Feine Sahne Fischfilet, „Gefällt mir“ (2009)

Zentraler Satz ist hier „Wir lieben das Klischee“. Und „Deutschland verrecke“ ist seit Slime wohl eines der bekanntesten Punk-Zitate nach „Hey, ho, let’s go“.

Exkurs: „Deutschland verrecke“

Selbst wer Slime nicht kennt, hat schon von „Deutschland muss sterben“ gehört. Der Liedtitel ist zusammen mit einem in Hamburg stehendns Kriegerdenkmal aus der NS-Zeit zu sehen, auf dem steht: „Deutschland muss leben, und wenn wir sterben müssen“.

Dazu ein Auszug aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes:

Um den Aussagekern des Liedes „Deutschland muss sterben“ in einer der Kunstfreiheit angemessenen Weise zu erkennen, darf auch ein zeitgeschichtlicher Bezug nicht ausgeblendet werden, auf den der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren hingewiesen hatte. In Hamburg, wo das Lied entstand, gibt es ein 1936 eingeweihtes Denkmal für das Hanseatische Infanterieregiment Nr. 76, welches die Inschrift trägt „Deutschland muß leben, und wenn wir sterben müssen“. Diese Zeilen gehen auf ein Gedicht von Heinrich Lersch mit dem Titel „Soldatenabschied“ zurück, welches kurz nach Ausbruch des 1. Weltkrieges entstand. Anfang der 80-er Jahre hatte eine breite öffentliche, zum Teil emotionale Auseinandersetzung mit dem „76-er Denkmal“ und einem in unmittelbarer Nähe aufgestellten „Gegendenkmal“ von Alfred Hrdlicka eingesetzt. Die Hamburger Punkrock-Gruppe Slime hatte damals diese Thematik in ihrem Lied aufgegriffen und die provozierende Antithese „Deutschland muss sterben, damit wir leben können“ dem in Zeiten des Nationalsozialismus zu Denkmalehren gekommenen Spruch „Deutschland muß leben, und wenn wir sterben müssen“ entgegengesetzt.

Urteil des Bundesverfassungsgerichts

Gefällt mir (Fortsetzung)

Feine Sahne Fischfilet nehmen hier, quasi augenzwinkernd, Bezug auf das, was in Bezug auf Punk „allen klar“ ist. Ein wichtiger Teil des Liedes. Denn kurz darauf folgt die oft zitierte Stelle.

Heute wird geteilt was das Zeug hält
Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck!
Gib mir ein „like“ gegen Deutschland
Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck!
Günter ist scheiße, Günter ist Dreck!

Feine Sahne Fischfilet, „Gefällt mir“ (2009)

„Deutschland ist scheiße, Deutschland ist Dreck“ ist hier im Zusammenhang mit dem vorherigen Absatz zu sehen. Es ist allen klar, worum es im Punk geht, und genau dieses Klischee(?) erfüllen Feine Sahne hier. Günter (oder Günther) bezieht sich dabei wahrscheinlich auf Günter Grass und sein Israel-kritisches Gedicht „Was gesagt werden muss“, welches ebenfalls 2012 erschien. (Oder Günther ist einfach nur eine Anspielung auf den typischen Deutschen, der Linken ein Dorn im Auge ist. Heute würde man dazu Kartoffel sagen.)

Wut

Wieder drei Jahre weiter. Auf dem Album „Bleiben oder Gehen“ von 2015 erschien „Wut“. Das Lied wird im Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen zum Jahr 2018 erwähnt. Der Kehrreim „Und der Hass – der steigt! Und unsere Wut – sie treibt!“ könne in Verbindung mit der Zeile „Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt“ als Aufforderung zu Gewalttaten interpretiert werden.

Hier wird munterer drauf los zitiert, wenn es um den Beleg für die Gefährlichkeit der Band geht, auch wenn meist der Teil aus dem Verfassungsschutzbericht herhalten muss.

An sich ist das Lied aber ähnlich wie „Staatsgewalt“ zu sehen, auch wenn die Prämisse eine andere ist.

Leere Gesichter, viele Fragen
Niemand der ihnen Antwort gibt
Was können sie hier noch wagen
Heute Nacht – schlagen sie zurück!

Helme warten auf Kommando
Knüppel schlagen Köpfe ein
Wasser peitscht sie durch die Straßen
Niemand muss Bulle sein!

Feine Sahne Fischfilet, „Wut“ (2015)

Die Knüppel, die hier Köpfe einschlagen, gehören nicht zum Lyrischen Ich, geschweige denn zu „den Linken“ oder zur Band. Sie gehören zur Polizei. Die Beamten (um die es hier geht, siehe Teil zu „Staatsgewalt“) werden so dargestellt, als würden sie nur auf das Kommando zum Knüppeln warten.

Dieser Teil der Polizei wird im Lied erneut als Gegenpart zum Lyrischen ich aufgebaut.

Verweis mich aus der Stadt
Ich scheiß drauf was du sagst
Wer kein Rückgrat hat, der wird vereidigt auf den Staat.
Lieber Hartz 4 beziehn, im Bett bis um 4 liegen,
Bier trinken, Weed dealen, Speed ziehn,
Als Geld im Staatsdienst verdien

Feine Sahne Fischfilet, „Wut“ (2015)

Es geht im Lied so weiter. Martinshörner zu hören, nervt den Protagonisten des Liedes, der „nicht frei von Sünde“ ist, aber dennoch vor tritt „zum Werfen“.

Mit “ Polizist sein heißt das Menschen mit Meinungen Feinde sind // Ihr verprügelt gerade wieder Kinder als wären’s eure Eigenen“ verlassen die Musiker den bislang eher gegen „Knüppelgarde“ oder „Bullen gerichteten Vorwurf erstmals. Sie pauschalisieren. Hier sind wirklich alle Polizisten gemeint, auch wenn aufgrund des weiteren Textverlaufs wieder die Einschränkungen sehen kann. Mit der Wortwahl macht Feine Sahne Fischfilet aber den „Generalverdacht“, dass für alle Polizisten Menschen mit Meinungen Feinde sind (und alle Polizisten ihre Kinder verprügeln) plausibler.

In den nächsten Zeilen wird betont, dass man lieber eine „Line Zement“ in die Nase ziehen würde „als down zu sein mit Rainer Wendt“. Wendt ist seit 2007 Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) – und steht regelmäßig für seine Äußerungen in der Kritik. So sprach Wendt unter anderem schon davon, dass „polizeiliche Einsatzmittel“ Waffen sein müssen, „die weh tun“, weil sie nur dann wirken würden. Er forderte auch schon den Einsatz von Gummigeschossen gegen (linke) Demonstranten; er ist Befürworter von Racial Profiling und er hat als „Schutz“ gegen Flüchtlinge auch schon Grenzzäune gefordert. (Alles, siehe Wikipedia)

Die Erwähnung von Wendt zeigt im Lied weiter, welche Art von Polizei (erneut) von Feine Sahne Fischfilet gemeint ist. Dies wird auch dadurch bestätigt, dass in der kritisierten Zeile „Die nächste Bullenwache ist nur einen Steinwurf entfernt“ wieder nicht von Polizei, sondern von „Bullen“ die Rede ist.

Fazit

Wie nahezu jedes Stück Liedgut, welches sich politisch positioniert, können auch die Lieder von Feine Sahne Fischfilet kritisiert werden. Dann aber doch bitte in einer Betrachtung der Gesamtzusammenhänge, in denen die einzelnen Lieder stehen. Oder doch zumindest im Zusammenhang des gesamten Liedtextes und nicht, wie vielerorts von Gegnern der Band gebetsmühlenartig wiederholt, aus dem Zusammenhang gerissen.

Fußball Euer

Gestern eröffnete im Bremer Focke-Museum die neue Sonderausstellung „Fußball. Halleluja!“ Bereits am Donnerstag hatten Blogger aus der Region und Vertreter aus dem Bremer Fußball die Gelegenheit, sich die neue Ausstellung anzusehen.

Entstanden ist die Ausstellung in Kooperation mit dem Historischem Museum Basel und dem Amsterdam Museum, kuratiert wurde die Ausstellung für ihren Zwischenstopp in Deutschland vom wissenschaftlichen Volontär Jan Christoph Greim. Greim, selbst begeisterter Fußballfan, schuf für Bremen vier Stationen, die speziell auf den Bremer bzw. auf den Deutschen Fußball zugeschnitten waren. „Diese Anpassung an den jeweiligen Ausstellungsort war von Anfang an im Konzept der Ausstellung angelegt“, erklärt Greim. Zu den „deutschen“ Bereichen zählen u.a. das Nordderby und die „Four Holy Stars“, die vier gewonnenen Weltmeisterschaften 1954, 1974, 1990 und 2014.

Die Ausstellung

Fußball und Voodoo
Fußball und Voodoo

„Fußball. Halleluja!“ zeigt, was Fußball für die Fans bedeutet: Hingabe, die an Religion erinnert. Sei es der Fußballpokal, der neben dem kirchlichen Abendmahlkelch hängt, das BVB-Kreuz, welches wirklich in einer Kirche hängt oder der Reliquienschrein eines Fans mit der Träne Maradonnas. Für Nicht-Fußballfans – wie ich einer bin – ist die Ausstellung eine wahre Fundgrube des Kopfschüttelns und Schmunzelns. Aber nicht nur christliche Fußballfans üben sich in quasi-religiösem Eifer, auch die Anhänger anderer Religionen mischen Tradition und „Fandom“. Die Voodoo-Flasche aus Afrika ist eins der merkwürdigeren Exponate der Ausstellung.

Sortiert sind die Bereiche der Ausstellung nach einzelnen Headlines wie „Places of Worship“, „Rituals“ oder „Rivalries“. Aber nicht nur hier gibt sich die Ausstellung international. Alle Texte (mit Ausnahme der „Headlines“ sind  dreisprachig vorhanden: deutsch, englisch, französisch.

Die Gestaltung und der Aufbau

Der Ausstellungsaufbau
Der Ausstellungsaufbau

Die einzelnen Bereiche werden durch großformatige Fotowände abgegrenzt, die für sich schon einen Besuch wert sind. Die Fotoauswahl und vor allem die Bearbeitung sind äußerst gelungen. Jedes Foto strahlt unglaubliche Emotionen aus, was durch die Bearbeitung und die Farbgebung der einzelnen Bereiche noch verstärkt wird.

Jan Christoph Greim führte durch die Ausstellung.
Jan Christoph Greim führte durch die Ausstellung.

Jede Fotowand umgibt halbkreisförmig einen Bereich, in dem die eigentlichen Exponate untergebracht sind. Neben ein bis zwei Vitrinen gibt es in jedem Bereich noch einen Leuchtkasten mit Fotos zum jeweiligen Thema. Diese Leuchtkästen sind, durch die Bildbeschriftungen in drei Sprachen, etwas textlastig, aber trotzdem ein genaues Studium wert. Ergänzt werden die Exponate und Leuchtkästen teilweise durch Videoaufnahmen in Dauerschleife, für die man sich mit einem „Hörknochen“ den passenden Ton holen kann.

Der Ton macht die Musik

Am Eingang der Sonderausstellung stehen kleine „Audioguides“ zur Verfügung. Nach einer Registrierung mit Namen und E-Mailadresse (letztere wird z.B. für eine Fotostation benötigt) kann man sich mit den Guides an verschiedenen Punkten in der Ausstellung den nötigen Ton dazu holen. Aber damit nicht genug: Die Guides dienen auch als Fernbedienung für Quiz-Stationen und besagte Fotostation, zudem kann man sich am Ende seine „erspielte“ Punktzahl usw. zuschicken lassen. Die Bilder der Fotostation werden auch auf Flickr geteilt. 12 October 2015
Ob die Registrierung mit Namen und Mail und die Teilung auf Flickr optional sind oder ob man den Guide auch ohne die Registrierung nutzen kann, sind interessante Fragen, die ich leider vergessen habe zu stellen. 😉 Die Idee des „Paninibildes“ ist auf jeden Fall gelungen, nimmt sie doch einen weiteren Aspekt des Fußballs auf.

Kick it like…

Station bei "Focke kickt": Fußball-Kegeln.
Station bei „Focke kickt“: Fußball-Kegeln.

Ein Novum in Bremen ist die Abteilung „Focke kickt.“ „An den vorherigen Standorten gab es keine Möglichkeit, tatsächlich mal ein bisschen Fußball zu spielen“, erklärt Anne-Katrin Axt, Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Focke-Museum. Aus diesem Grund hat sich das Bremer Museum für den Aufbau eines Fußball Parcours entschieden. Als offizieller Partner konnte der DFB gewonnen werden. Auf dem Parcour, der sich speziell an Kinder richtet, kann das persönliche Ballgefühl an acht Stationen getestet werden.

Fazit

Für Fußball-Fans ist die Ausstellung definitiv einen Besuch wert. Von der Hose Messies über die Schuhe Frings und WM-Trikots mit Blut- und Rasenflecken gibt es rein aus „historischer“ Sicht eine Menge zu entdecken. Aber auch wer mit Fußball nicht ganz so viel am Hut hat, sei ein Besuch der Ausstellung ans Herz gelegt. Die Texte und Exponate sowie die Liebe zum Detail eröffnen auch für „Uneingeweihte“ eine interessante Perspektive auf Fans und Fußballkult, zudem lockt das umfangreiche Rahmenprogramm mit einigen Highlights.

Einen zusätzlichen Absatz zum Thema „Blogger Relations“ und weitere Bilder gibt es bei Kultur-Hoch-N.

Warum „political correctness“ Blödsinn ist

Man hört immer wieder, dass „Political Correctness“ hierzulande übertrieben wird. Es gehe zu weit, wenn man die „Zigeunersoße“ nicht mehr so nennen dürfe, der Verlust der „Negerküsse“ sitze immer noch zu tief. Auch die Abart der „PC“, das „Gender-Mainstreaming“ wäre etwas zu viel des Guten. „Bundeskanzlerin“ gehe ja noch in Ordnung, aber „Studenten“ umfasse nun wirklich alle Geschlechter.

Es stimmt, der Begriff der „political correctness“ ist ausgemachter Blödsinn. Nicht nur, weil „Politik“ in den Augen vieler ausgemachter Blödsinn ist, sondern weil es nichts mit „politischer Korrektheit“ zu tun hat, wenn man Wörter wie „Neger“, „Schwuchtel“, „Zigeuner“ o.ä. mehr sagt. Es hat etwas mit Menschlichkeit zu tun. Es hat damit zu tun, dass man beleidigende Begriffe vermeidet. Wenn Menschen mit einer anderen Hautfarbe nicht als „N…“ bezeichnet werden wollen, sondern als „Schwarze“ oder Afrodeutsche/-amerikaner/-…, dann ist das ihr gutes Recht, weil das N-Wort ihnen in Zeiten der Unterdrückung und Sklaverei aufgedrückt wurde. Wer das, beispielsweise als „Deutscher“ nicht versteht, der müsste eigentlich auch kein Problem damit haben, wenn man ihn als „Nazi“, „Mof“, „Boche“ oder „Kraut“ bezeichnet. Wer den generischen Maskulinum verteidigt, der muss sich fragen, warum er den generischen Femininum so vehement ablehnt, ist es doch nur die andere Seite der gleichen Medaille.

„Politische Korrektheit“ wird heute gerne abwertend benutzt, man rühmt sich, wenn man es wagt, „inkorrekt“ zu sein. Der Begriff hat einen Bedeutungswandel durchgemacht, der Kampf gegen „übertriebene“ Korrektheit wird wacker geführt, d.h. es werden wacker weiter beleidigende und diskriminierende Begriffe benutzt. Hat man ja schon immer so gemacht.

„Politische Inkorrektheit“ hat dabei eigentlich nie etwas damit zu tun, dass man seine Meinung sagt. „Politisch inkorrektes“ Verhalten ist kein Aufbegehren, es ist gelebte Beleidigung und Diskriminierung. Wer also diese Inkorrektheit vorschiebt, will sich eigentlich nur nicht eingestehen, dass er andere beleidigt und diskriminiert. Wer sich „politisch inkorrekt“ verhält, verhält sich menschlich inkorrekt.

Täglicher Rassismus [Achtung: Rant]

Da haben es die „Frankfurter Neue Presse“ und die Pisser von Politically Incorrect doch tatsächlich geschafft: Deutschland schafft sich mal wieder ab. In einem Artikel berichtete die FNP, dass in einer Kindertagesstätte das St. Martinsfest „aus Rücksicht auf Mitglieder anderer Kulturkreise“ in „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“ umbenannt werden würde. PI-News sprang auf diesen Zug auf, veröffentlichte gleich die Anschrift der Kita, die daraufhin wohl von aufrechten Deutschen mit bösen Mails überzogen wurde.

Abgesehen davon, dass die Umbennennung so gar nicht stattgefunden zu haben scheint und so oder so völlig andere Gründe zum „Sonne-Mond-und-Sterne-Fest“ geführt haben; abgesehen davon, dass hier wohl nicht wirklich darüber nachgedacht wurde, was man so in die Zeitung kleckst: Haben wir sie noch alle?

Wenn man sich die Empörten so anhört, dann klingt es, als wäre der Martinstag einer der großen, christlichen Feiertage. Dabei ist es ein Tag, der allerhöchstens regional ausgeprägt ist und das vor allem überall unterschiedlich. Bevor ich mal in den Wikipedia-Artikel geguckt habe, hab ich diesen „Sonne-Mond-und-Sterne-Tag“ gedanklich immer mit dem ostfriesischen Martinisingen gleichgesetzt, welches man aber wieder nicht mit dem anderen, auch in Niedersachsen begangenem, Martinssingen verwechseln darf.1 Hier in Brake gibt es, trotz starker Kirchenpräsenz, solche Singereien überhaupt nicht bzw. kaum. Laternenumzüge allerdings schon, da schließe ich mich der FAZ an:

Tatsächlich werden auch in anderen Kindergärten, nicht nur in Bad Homburg, Anfang November Lichter- und Laternenfeste begangen, die nur den Termin mit dem Martinstag gemein haben. Und zu mancher bekannten Melodie gibt es Texte, in denen der heilige Martin nicht mehr vorkommt.

Obwohl es sich um einen nicht wirklich einheitlich begangenen „Feiertag“ handelt, ist die Empörung über die angebliche und sowieso immer böse „politische Korrektheit“ so groß, dass man auf Facebook mit Postings wie diesem hier konfrontiert wird:

„Na endlich, endlich hat sich jemand getraut. Nun hat ein Kindergarten den Martinstag umbenannt in „Sonne, Mond und Sterne Fest“. Das wurde ja auch Zeit. Schon letztes Jahr war ich schockiert, als auch einige Migrantenkinder bei mir am Martinsabend…oh, sorry, am „Sonne-Mond und Sterne Fest Abend“ singend bei mir vor der Haustüre standen. Der Blick aus diesen gequälten Kinderaugen lässt mich bis heute nicht schlafen. Als diese armen Geschöpfe gezwungen wurden ein Lied zu singen das nicht zu ihrem Kulturkreis gehört, um dann von mir Süßigkeiten aufgezwungen zu bekommen, die man in ihrem Kulturkreis nicht bekommt, schossen mir die Tränen in die Augen und ich schämte mich bitterlich ein Christ, und noch schlimmer, ein Deutscher zu sein. Niemand kann sich vorstellen wie sehr diese Kinder leiden mussten unter unserem „Martinsfest“. Schokolade, Martinsbrot und Martinsfeuer- wie menschenverachtend ist das denn? Doch nun ist ja endlich Schluss damit. Wir werden endlich politisch korrekt. Aber, da fehlt doch noch einiges, oder? Wie schlecht müssen sich diese Leute fühlen, angesichts unserer Feiertage. Wie unterdrückt und misshandelt sind diese Mitbürger angesichts unserer westlichen Kultur? Somit habe ich hier noch ein paar Vorschläge. Und damit diese auch international verstanden werden am besten in Englisch und politisch korrekt:

• Weihnachten – Give-all-you-can-Day
• Ostern – Egg-searching-and-Rabbit-Day
• Karfreitag – Die-all-you-can-Day
• Erntedankfest – All-you-can-eat-Day
• Sylvester – Fucking-good-Fireworks-Day
• Christi Himmelfahrt – Fly-high-as-you-can-Day
• Fronleichnahm- Day-after-Halloween-Day
• Buß- und Bettag – Think-about-your-political-Correctness-Day
• Nikolaus- Sack-and-Candy-Day
• Pfingsten – Take-a-Joint-and-feel-the-spirit-Day
• Heilige Drei Könige- Persian-Imigration-Day

Doch damit nicht genug, was ist zum Beispiel mit:

• Andreaskreuz?
• Kreuzung?
• Kreuzband?
• Klosterbier?
• Sankt Gallen?
• Sankt Augustin?
• Sankt Johann

Und auch unsere Vornamen müssen umgehend geändert werden. Wie muss sich ein solch armer Mensch fühlen wenn sich ihm jemand vorstellt der z.b.

• Peter
• Paul
• Johannes
• Elisabeth
• Maria
• Georg
• Georg
• Sebastian
• Florian

heißt? Schon mal darüber nachgedacht das wir uns nun endlich integrieren sollten in unsere Immigranten?
Jetzt ist mal Schluss mit diesem westlichen denken! Wir tun ja so als wären wir hier zu Hause.- Nichts für ungut.

Das ist an Dämlichkeit schon gar nicht mehr zu überbieten, aber lustig, dass hier auch gleich gegen die, die deutsche Sprache unterwandernden, Anglizismen geschossen wird. Der Umstand, dass die aufgezählten, urchristlichen Feste teilweise in anderen Religionen auch existieren und/oder einfach vorchristlich-heidnischen Feiertagen übergestülpt worden sind: Egal!
Wo wir schon mal dabei sind: Ihr gottverehrenden, aufrechten, männlichen Deutschen, die ihr um Verlust der vaterländischen Tugenden fürchtet, weil das Christentum2 auf dem Rückmarsch ist: Hört auf, am Vatertag zu saufen! Der Vatertag ist nämlich a) eine amerikanische Erfindung und und b) in Deutschland eigentlich Christi Himmelfahrt. Ihr Dämlichen, die ihr euch immer über „politische Korrektheit“ aufregt, seid so christlich wie’n Stück Brot. Ihr würdet Christus nicht einmal erkennen, wenn er vor euch ans gottverdammte Kreuz genagelt werden würde. Vom Christentum habt ihr genauso viel Ahnung, wie vom Islam, nämlich gar keine. Ihr empört euch über jeden Furz, ohne auch nur eine Sekunde mit Recherche zu verbringen, ohne auch nur eine Sekunde euren Kopf aus der braunen Soße eures Lebens herauszuziehen. Ihr liked dämliche, nationalistische Scheiße auf Facebook, ihr empört euch, ihr findet euch selbst toll und merkt dabei nicht einmal, wie viel Dünnpfiff ihr produziert. Geht kacken, goddammit! Oder, um eine Seite zu zitieren, die immerhin von fast 25.000(!) von euch Flachpfeifen geliked wurde:

Man sollte unterscheiden lernen, einen wütenden Deutschen sollte man nicht gleich in die rechtsradikale Schublade schieben … zügeln sollten sich einige mal mit ihren Kommis. „AUSLÄNDER RAUS“ hilft uns DEUTSCHEN nicht besser da zu stehen, „NAZIS RAUS“ umgekehrt ist aber auch keine Lösung.

„NAZIS RAUS IST AUCH KEINE LÖSUNG?“ BITTE WAS? Angst vor’m Umzug, oder wat? Boah ey!3

Beitragsbild:

  1. Lieder wie „Laterne, Laterne“ oder „Ich geh mit meiner Laterne“ hab ich früher auch schon gesungen. Die christlichen Ursprünge verlieren sich also schon länger. []
  2. Bedroht durch ALLES! []
  3. Verehrte Leser, wer es bis zu diesem Punkt geschafft hat: eigentlich sollte dieser Eintrag kein Rant werden und eigentlich wollte ich mich auch nicht mit einem Rant zurückmelden. Beim Schreiben hat sich aber herausgestellt: ein Rant ist genau das, was ich gerade brauche. Diese tägliche Dummheit, die einem entgegenschlägt, ist manchmal einfach zu viel. Ich bitte um Verständnis. []

Wohin gehen wir?

5. November 2013

In Deutschland brennen zwar (noch) keine Ausländerheime, aber wir gehen wieder gegen Ausländer auf die Straße. Die Demonstranten sind natürlich nicht rechts, haben mit Ausländerfeindlichkeit nichts am Hut und mit der NPD sowieso nicht und sowieso und überhaupt.

How did this happen?

„Mit großer Verblüffung musste man feststellen: ganz und gar nicht alle Journalisten der großen deutschen Zeitungen stellten sich vorbehaltslos auf die Seite der Bürger, ja sie verteidigten nicht einmal ihre eigenen Rechte. Sondern ganz schön viele hielten lieber zum Staat und brachten viel Verständnis für Rechtsbrüche und Machtansprüche auf.“

Who’s to blame? 

Der groß angekündigte und zwischenzeitlich nahezu gefeierte NSU-Ausschuss hat schon lange seinen Abschlussbericht vorgelegt. Die wehrhafte deutsche Demokratie zeigt sich erneut zahnlos gegenüber den eigenen Geheimdiensten, dem Polizeiapparat und dem Rechtsextremismus in Deutschland.

If you’re looking for the guilty, you need only look into a mirror.

Mit dem Urheberrecht ist das in Deutschland so eine Sache. Also, geschützt wird es, wenn die Verleger profitieren.

I know why you did it. I know you were afraid.

LSR-Streit war gestern, man kann ja mit Google Geld verdienen.

The ending is nearer than you think, and it is already written. All that we have left to choose is the correct moment to begin.

Die SPD, dereinst die große Arbeiterpartei, manövriert sich selbst ins Abseits. Man könne nicht „alles oder nichts sagen“, nicht eine Partei wie die SPD. Immerhin, alles oder nichts beim Mindestlohn geht.

Equality and freedom are not luxuries to lightly cast aside.

Kein Adoptionsrecht für Homosexuelle? Wir sind empört! Wir warten dann doch vielleicht, bis uns das Gericht vorschreibt, was wir zu tun haben.

Everybody is special. Everybody. Everybody is a hero, a lover, a fool, a villain. Everybody. Everybody has their story to tell.

Dead Man Walking.

Love your rage, not your cage.

Es vergeht einem schon etwas die Lust, regelmäßig Nachrichten zu gucken oder zu lesen.

Where will we stand a year from now?

 

Kühn

Thomas Brückmann ist natürlich nicht der einzige Kandidat für das Amt des Landrates der Wesermarsch, auch die SPD hat ihren Kandidaten ins Rennen geschickt und schon die ersten Plakate gehängt.  Designierter Kandidat der SPD ist Dr. Stefan Kühn.1 Die SPD hat schon zwei Plakatvarianten aufgehängt, die beide betrachtet werden sollen.

Kühn weiterlesen

  1. Disclaimer: Meine Freundin ist Mitglied der SPD und zumindest am Rande am Wahlkampf für Kühn beteiligt. Zudem war ich an der „Claim-Findung“ beteiligt. []

Einen schönen Sommer!

Sie geht wieder los, die Wahlkampfzeit. Plakate zur kommenden Landratswahl in Niedersachsen werden langsam aufgehängt, Grund genug, sich langsam mal die Plakate näher anzusehen. Den Anfang macht in diesem Fall Thomas Brückmann, parteiloser Landratskandidat für die Wesermarsch.

Einen schönen Sommer! weiterlesen

Die Wahrnehmung der Sprache

Der Lehrerfreund postete heute auf Facebook:

Das einzige mir bekannte kommerzielle Angebot, das konsequent das GENERISCHE FEMININUM verwendet – respect!

Es ging dabei um die Internetseite der Firma Tupperware, die in einem Eintrag schreibt:

Zum Zweck der besseren Lesbarkeit beschränken wir uns auf die Schreibung in weiblicher Form. Selbstverständlich sprechen wir mit unseren Aussagen auch die männliche Zielgruppe an.

Normalerweise ist diese Einschränkung genau andersherum üblich: Es wird festgestellt, dass die männliche Form, der generische Maskulinum, auch die Frauen anspricht. Interessant an diesem Eintrag von Tupperware ist, dass man sich selbst dabei beobachten kann, wie der „generische Femininum“ auf einen wirkt. Zwar setzt Tupperware diesen Anspruch nicht um, die meisten Formulierungen decken explizit beide Geschlechter ab, aber dennoch: Es wirkt merkwürdig, da es unserem Sprachgebrauch widerspricht. Das ist nichts schlimmes und spricht auch nicht gegen die Verwendung eines generischen Femininums, es wirft aber ein interessantes Licht auf das übliche Argument für den generischen Maskulinum: Der schließt Frauen mit ein.1 Die „Gegenprobe“ zeigt, dass der generische Maskulinum eben nicht alle Geschlechter mit einbezieht, da es andersherum auch nicht der Fall ist. Beim Lesen fühlt man sich als Mann nicht angesprochen, wenn da „Beraterin“ oder ähnliches steht. Wieso sollte sich also eine Frau angesprochen werden, wenn konsequent nur die männliche Form benutzt wird?

Aber die Kommentare zum Facebook-Eintrag zeigen noch etwas anderes: Im ersten Kommentar, der mittlerweile gelöscht wurde, fragte ein Lehrer des privaten evangelischen Lukas Gymnasiums in München: „Respekt?“ Diese „Abwertung“ der Vorgehensweise von Tupperware und der Meinung des „Lehrerfreunds“ ist typisch. Geschlechterneutrale, geschlechtergerechte Sprache oder gar der generische Femininum wird in einer ersten Reaktion von vielen Männern, aber auch Frauen, als Blödsinn, Sprachverhunzung usw. abgetan. Ich gebe zu, dass auch ich zunächst, im Sinne von früher, eher der Meinung war, dass man alles so lassen solle, wie es war. Mittlerweile haben Worte wie „Studierende“ oder „Lehrkraft“ den generischen Maskulinum bei mir nahezu verdrängt.2 Sprache ist lebendig und überlebt solche Veränderungen ohne Probleme. Sprache bedeutet aber auch Macht und die bisherigen Machtinhaber, nämlich die Männer, tun sich teilweise sehr schwer, ein Stück ihrer Macht abzugeben. Der Lehrer aus München ist da nur ein Beispiel.

Aber auch die Antwort des Lehrerfreunds auf den mittlerweile gelöschten Kommentar ist interessant:

Das muss man sich als Firma erst mal trauen. Und da Tupper zu 99% weibliche Kundschaft haben dürfte, ist das doch völlig passend.

Zunächst muss eine Firma es sich wohl tatsächlich „trauen“, den generischen Femininum einzusetzen,3 aber selbst geschlechtergerechte bzw. -neutrale Sprache setzt sich erst langsam bei Firmen und Institutionen durch. Aber auch die „Rechtfertigung“ der eigenen Meinung durch das „Argument“, dass Tupper zu 99% weibliche Kundschaft habe und es dadurch passend sei, ist merkwürdig: Eine zielgruppenorientierte Ansprache würde keinen Respekt verdienen und das ist es auch nicht, was Tupper tut. Tupper dreht mit dem Statement der besseren Lesbarkeit die typischen Argumente um und genau das verdient Respekt. Das sollte man sich, wenn man das anerkennt, nicht hinter Zielgruppenvermutungen verstecken.

  1. Weil, war schon immer so und so []
  2. Nicht überall, nicht konsequent, aber ich versuch’s. []
  3. Der ja an sich gleichermaßen diskriminierend ist, wie der generische Maskulinum []

Wo „freie und wilde“ Shitstorms stattfinden

Nachdem sich die Bands MIA., Kraftklub und irgendwie auch Die Ärzte vom Echo distanziert haben, weil auch Frei.Wild nominiert war, gingen die Shitstorms auf den Facebook-Seiten der Künstler los.1 Auch der Echo selbst hatte mit den mittlerweile gewohnten, verbalentgleisten Reaktionen zu kämpfen2

Man könnte jetzt mal darüber diskutieren, wie gut die Band ihre Fans konditioniert hat, denn gefühlte 90% aller Postings bestehen aus mindestens einem Zitat aus „Land der Vollidioten“ bzw. dem Spruch „Land der Volliditioten“ oder entsprechenden Abwandlungen. Aber etwas anderes ist interessant: Mia, Kraftklub, Echo und schon vorher Jennifer Rostock können sich vor Shitstorms kaum retten. Die NPD hingegen, die eine Mahnwache zum Echo angekündigt hat, ist bisher weitestgehend von einem Shitstorm verschont geblieben. Das ist insofern interessant, als dass Frei.Wild hier „offiziell“ bekundet haben, dass sie keine „Unterstützung“ von der NPD haben wollen. Auf der verlinkten FB-Seite heißt es von Seiten der Band:

Wir wollen euch nicht !!!
Natürlich war es abzusehen, dass sich jetzt die extremen Parteien in ihrer Pflicht sehen, auf diesen kostenlosen Promozug aufzuspringen, um für ihre, in unseren Augen, verurteilungswerten Tendenzen blinde Fische zu sammeln.
Wir sehen uns hier auf wahrlich keinem Nenner und plädieren an jeden hier mit Herz, Verstand und Menschlichkeit zu handeln. Um solchen Kreisen erst gar keine Plattform zu bieten, werden wir denen die Freude nicht machen und diesen Spinnern unsere Beachtung zu schenken.
Schiebt euch eure Mahnwache in den A****!!!

Frei.Wild Fans, ihr wisst wer ihr seid, was ihr seid und wisst, was ihr zu vermeiden habt!
Gebt dem braunen Pack keine Chance!!!
Scheißt auf sie, wir scheißen alle auf sie!!!

Mal ganz davon abgesehen, dass es schon wieder eine ziemliche Relativierung ist, wenn man nicht von verurteilenswerten Inhalten, sondern verurteilenswerten Tendenzen spricht: Der Shitstorm auf den mannigfaltig vorhanden FB-Seiten der NPD scheint auszubleiben.

Warum? Ein paar Antworten werden in den Kommentaren zum verlinkten Post genannt. Da ist die Rede davon, dass man der NPD keine Bühne bieten wolle. Da ist die Rede davon, dass das Management von Frei.Wild reagieren solle.3 Nur einige wenige reden davon, dass die Frei.Wild-Fans jetzt gefragt seien und einen Shitstorm bei der NPD veranstalten sollten.

Es ist schon merkwürdig: Gerade bei Facebook lassen Frei.Wild-Fans normalerweise nichts unversucht, das Image der Band aus der rechten Ecke herauszuholen, die angeblich so vielfältigen Aktionen gegen (Rechts-)Extremismus zu betonen und alle, die Frei.Wild die „Unpolitik“ nicht abkaufen, als „Vollidioten“ usw. zu bezeichnen.4 Nun bietet sich die Gelegenheit, die „Nazis“, von denen man sich doch ach so ausdrücklich distanziert, mit einem Shitstorm zu überziehen. Aber es passiert nicht. Hunderte von Fans schaffen es auf Seiten von Gegenaktionen, Kritikern und anderen Bands. Auf die Seiten von Holger Apfel oder der NPD verirren sich nur wenige.

Dieses Verhalten ist zumindest merkwürdig. Unter dem „Aufruf“ der Band konzentriert man sich, so mein Eindruck, eher auf die „blöden“ Leute vom Echo, als dass man sich tatsächlich mit dem Aufruf der NPD auseinandersetzt. Anstatt auf andere Bands loszugehen, was ja wirklich massiv betrieben wird, hätte man hier die Gelegenheit, sich vehement von der Instrumentalisierung durch die NPD, gegen die man ja angeblich so vehement eintritt, abzugrenzen. Diesen Schritt können oder wollen die FW-Fans aber anscheinend nicht vollziehen. Den eigenen Standpunkt stärkt dieses Vorgehen nicht.

  1. Einige FW-Fans fanden dabei den Weg zu anderen MusikerInnen, aber es ist ja niemand perfekt. []
  2. Ja, ich höre mittlerweile auf, da zu differenzieren. 90% aller Kommentare von FW-Fans sind unterste Schublade. []
  3. Einige reden auch davon, dass man Frei.Wild weiterhin möge, OBWOHL Frei.Wild die NPD nicht mögen… []
  4. Viele der benutzten Begriffe – Zecken z.B. – kommen dabei ebenfalls aus dem rechten Spektrum, aber nun. []

Frei.Wild und die Diskussionskultur

Die Band Frei.Wild ist ein Phänomen, welches seit einiger Zeit durch Deutschland und auch immer wieder durch die Medien geistert. Die dominierende Frage dabei ist, ob die Mitglieder von Frei.Wild nun Rechtsextreme/Nazis sind oder eben nicht. Diese Frage ist aber wenig zielführend, da sie bei vielen Menschen eh nicht so eindeutig beantwortet werden kann und noch viel weniger werden es offen zugeben, zumal wenn die „Befragten“ in der Öffentlichkeit stehen. Es ist viel mehr wichtig zu fragen, ob das, was Frei.Wild in ihren Texten singen, nationalistisch, völkisch oder ähnliches ist. Aber selbst, wenn man diese Frage mit „Ja“ beantwortet, macht das aus den Bandmitgliedern noch lange keine Nazis. Ich selbst kenne genug Personen, die sich mit ihren Äußerungen am rechten Rand bewegen, als Nazis würde ich sie deswegen trotzdem nicht bezeichnen. Die Band distanziert sich auch mit mehreren Aktionen gegen Rechtsextremismus, wobei dieser Umstand wiederum nicht gleichzusetzen ist mit einer Absolution gegenüber den Texten.

Frei.Wild stammen aus Südtirol, welches bekanntlich zu Italien gehört. In Südtirol sprechen aber knapp 64% der Bevölkerung Deutsch, was neben Italienisch auch die Amtssprache ist. Frei.Wild gehören zum deutschsprachigen Teil Südtirols. In ihren Texten geht es, durchaus nach eigenem Bekunden, um Freundschaft, Geld, Alkohol, Führerscheinentzug, Freiheit, den Umgang mit Rückschlägen und Niederlagen sowie um die Heimat. Klassische Inhalte, die an sich nicht verdächtig sind. Auch Lieder auf die Heimat oder das, was als Heimat empfunden wird, sind keine Seltenheit im deutschsprachigen Liedraum. Es geht also um konkrete Inhalte.

In der Berichterstattung werden immer wieder ganz bestimmte Lieder herangezogen, darunter „Land der Vollidioten“, welches wie folgt beginnt:

Das ist das Land der Vollidioten,
die denken, Heimatliebe ist gleich Staatsverrat.
Wir sind keine Neonazis und keine Anarchisten,
wir sind einfach gleich wie Ihr .. von hier.

Die hier angewandten Mechanismen sind durchaus interessant. Auf der einen Seite wird sich distanziert von „Anarchisten“ und „Neonazis“, auf der anderen Seite distanziert man sich von all denen, die denken, dass „Heimatliebe […] gleich Staatsverrat“ ist. Zugleich solidarisiert man sich mit allen, die „von hier“ sind. Als Südtiroler müssten sie mit „von hier“ eigentlich Südtirol meinen (also Italien). Mit „hier“ ist aber mehr als nur Südtirol gemeint, es ist etwas deutsches im weiteren Sinne gemeint. Im Lied „Wahre Werte“ heißt es: „Unser Tirol gibt es seit zwölfhundert Jahren“. Tirol gehörte vor gut 1200 Jahren noch zum Großherzogtum Bayern. Auch wenn sich die Herzogtümer und Staaten seit damals mehrfach geändert haben, scheinen sich Frei.Wild als „deutsch“ und nicht als „italienisch“ zu sehen. Die Gemeinschaft, die mit den Worten „von hier“ aufgemacht wird, geht also weit über Südtirol hinaus und ist bezogen auf „deutsch“. „Gleich wie ihr, von hier“ macht außerdem noch eine Abgrenzung zwischen denen, die gebürtig/kulturell von „hier“ kommen und „den anderen“, auf die das eben nicht zutrifft, auf. Dies ist eine  nationalistische Argumentation, die dem „exklusiven Nationalismus“ zuzuordnen ist. Es wird eben nicht die Nation als Mischung verschiedener Bevölkerungsanteile mit verschiedenen kulturellen Identitäten beschrieben, sondern etwas in der Vergangenheit begründetes, überhöhtes.

Diese Abgrenzung und Rückbesinnung auf etwas Ur-(deutsches)(nationales) wird noch verstärkt durch ein paar Zeilen später im Lied „Land der Vollidioten“. Dort heißt es:

Der Rest in Italien schämt sich nicht zu sagen,
woher er kommt!
Wir sind Opfer einer Resozialisierungspolitik,
und viele Leute bei uns bemerken es nicht.

Wenn „der Rest in Italien“ sich nicht schämt, muss es zu Südtirol einen Unterschied geben. Der Unterschied besteht im „Deutschsein“, womit die Brücke zu immer wiederkehrenden, bundesdeutschen Debatten über Patriotismus und „Resozialisierungspolitik“ gezogen wird. Auch hier wird auf nationalistisch-völkischer Ebene argumentiert. Die Meinung über „andere“ wird kurz darauf auch noch einmal deutlich.

Kreuze werden aus Schulen entfernt, aus Respekt
vor den andersgläubigen Kindern.

Respekt vor anderen kulturellen Identitäten ist also etwas, was nur „Vollidioten“ tun. Südtirol bzw. der deutschsprachige Raum sind eng mit dem Kreuz (=dem Christentum) verbunden und Schulen zu einem säkularisierten Raum zu machen, ist dumm. Der Ist-Zustand heterogener Gesellschaften, die Pluralität wird hier abgestraft und es wird sich wieder eine völkisch-nationalistisch-historische „Identität“ herbeigesehnt. Die Absage an politische Lager, die auch aber nicht nur in diesem Lied vollzogen wird, ändert an diesem Umstand nichts. Der Inhalt des Liedes bleibt völkisch und nationalistisch motiviert.

Zurückgehend auf den Anfang des Artikels bedeutet dies nicht, dass Frei.Wild Nazis, rechtsextrem oder ähnliches sind. Es bedeutet nur, dass einige ihrer Lieder1 nationalistische Inhalte transportieren. Inhalte, die man aus rechtsextremen und identitären Lagern kennt. Dieser Umstand ist nicht wegzureden und es ist auch egal, dass Frei.Wild nicht die einzigen sind, die das tun. Auch Musiker wie Xavier Naidoo schlagen mitunter ähnliche Themen mit ähnlichem Vokabular an. Frei.Wild und auch die Fans dieser Gruppe, müssen es sich nur gefallen lassen, dass man so etwas grundsätzlich kritisch hinterfragt und in weiteren Schritten dann evtl. nach der Motivation fragt: Warum distanziert sich die Band auf der einen Seite von rechtsextremen Gruppierungen, fischt aber genau in den Gebieten, die u.a. zum Kerngebiet dieser Gruppierungen gehören. Und warum singen die Fans diese Texte mit voller Inbrunst mit? Gerade die letzte Frage kann man wohl guten Gewissens damit beantworten, dass die Texte Zustimmung finden. Das macht die Fans nicht zu Nazis, aber man muss fragen, warum ein Fan dem nationalistisch-identitärem Duktus zustimmt oder ob das überhaupt so wahrgenommen wird.

Diese Diskussion wird aber leider nicht geführt. Zu schnell sind die Gegner dabei, die rechtsextreme Vergangenheit und Verknüpfungen des Leadsängers ins Feld zu führen. Das ist falsch, weil argumentativ schwach. Es muss um die konkreten Liedtexte gehen, vor allem um die Texte, die offensichtlich oder versteckt nationalistisch, völkisch und identitär argumentieren. „Das, was du sagst ist nationalistisch“ muss Grundlage aller Diskussion sein, nicht „Du bist nationalistisch“. Insofern gehen die meisten Artikel und auch der heute in den Ostfriesischen Nachrichten erschienene an einer sinnvollen Diskussion vorbei. Es geht zunächst nicht darum, ob Frei.Wild eine rechtsextreme Band sind, sondern darum, ob die Texte gewisse, an den rechten Rand gehörende bzw. dort besonders populäre Inhalte transportieren. Um es mit dem Ende des nachfolgenden Videos zu sagen: I don’t care what you are. I care about what you did.

P.S.: Bitte das im Video genannte Beispiel „Rassismus“ gedanklich durch „Nationalismus“ ersetzen. Bevor das jemand falsch versteht. Es geht um die am Beispiel festgemachte Art der Argumentation, nicht um das Beispiel.

  1. auch wenn hier nur eines genauer betrachtet wurde. []