Polizisten kennen die deutsche Rechtssprechung nicht oder setzen sich wissentlich über diese hinweg. Dazu gehört: Keine Auskunft geben, wenn sie Auskunft geben müssten, fadenscheinige Drogentests und ein chronisches Nicht-Zuhören. Wenn man sie aber wirklich einmal braucht, dann kommen sie nicht. Übertrieben? So ist halt meine Erfahrung.
Ist es trotzdem zu pauschalisierend? Ich hoffe doch, denn natürlich ist nicht jeder Polizist mit selektiver Taubheit geschlagen und nicht jeder Polizist kennt das Grundgesetz nur aus dem Vorbeigehen. Pauschalisierungen sind selten hilfreich, die Erhebung von subjektiven, indiviudellen Erfahrungen zu Allgemeinplätzen auch nicht. Das hat, so entnehme ich es dem Artikel aus der heutigen NWZ, die Polizistin Tania Kambouri am Freitag aber nicht daran gehindert, bei ihrer Lesung im Braker Amtsgericht eben dies zu tun:
Meiner Erfahrung nach sind es nun einmal überwiegend Menschen mit Migrationshintergrund, die für uns zum Problem werden. Sie haben zwar oft die deutsche Staatsbürgerschaft, kommen aber aus einem anderen Kulturkreis.
Kambouri mag diese Erfahrungen gemacht haben. Sie musste zwar schon bezüglich anderer Äußerungen zurückrudern, aber die Erfahrungen wird sie so gemacht haben. Immerhin bestätigen einige Polizisten diese Erfahrungen.
Beleidigungen, persönliche Anfeindungen gegen sie als Frau mit ausländischen Wurzeln und Respektlosigkeit gehören zu ihrem Alltag.
Man muss nun kein Slime-Fan sein und im Kopf „Bullenschweine“ summen, um zu wissen, dass Beleidigungen und persönliche Anfeindungen gegen PolizistInnen nichts neues sind. Zudem ist zumindest Respektlosigkeit keine Straftat, auch wenn sie vermeintlich vom „kulturellen Hintergrund“ herrührt.
Während man noch argumentieren könnte, dass PolizistInnen verbale Attacken „aushalten“ müssen, ist körperliche Gewalt natürlich etwas, was nicht geht. Nie. Gegen niemanden.1 Entsprechend sind Vorfälle wied er im Artikel beschriebene mit dem Finger auch zu verurteilen.
Was allerdings auch zu verurteilen ist, sind Kambouris Forderungen und die „Fragen“, die sie sich stellt. Da fragt sie sich, ob Deutschland denn noch ein Rechtsstaat sei, weil man Straftaten von noch nicht registrierten Flüchtlingen nicht verfolgen könne.2 Da fragt man sich als Leser doch, wie die so auf Rechtsstaatlichkeit bedachte Kambouri denn zur Forderung nach einer Unabhängigen Behörde zur Strafverfolgung von Polizisten steht?3 Die Spitze des Generalverdachts, unter den die Tochter von ausgewanderten Pleite-Griechen Migranten deutsche Polizistin alle Migranten4 stellt?
Ob sie damit sagen möchte, dass die Grenzen geschlossen werden müssen, fragt er [der Moderator]. Wie aus der Pistole geschossen kommt ihre Antwort: „Ja! Ich will, dass wir jeden kontrollieren, der hier rein kommt!“ Nur so hätten die Bürger die Möglichkeit, wieder in Sicherheit zu leben.
Genau. Menschenrechte außer Kraft setzen, den europäischen Gedanken aufkündigen und alles wieder so machen wie früher. Am besten bewaffnen wir uns auch noch, denn das hilft ja.
Im Moment rate sie jedem dazu, für seine eigene Sicherheit zu sorgen – „Pfefferspray ja, Schusswaffen gehen zu weit“, stellt sie klar, nachdem Rückoldt [der Moderator] ihr vorwirft, „Klein-Amerika“ auszurufen.
Liebe Polizei hier auf dem Ländle. Ihre Kollegin hat gesagt, ich soll mich bewaffnen, also bitte nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich ihren Kollegen mit Migrationshintergrund bei der nächsten, verdachtsunabhängigen Intensivkontrolle, mit Pfefferspray begrüße. Hat mir schließlich eine vom Fach empfohlen. Ernsthaft: Da empfiehlt eine Polizistin bei einer Lesung in einem Gerichtssaal, dass die Bevölkerung sich bewaffnen soll. Und bei der gleichen Lesung im gleichen Gerichtssaal beschwert sich genau diese Polizistin, dass Deutschland kein Rechtsstaat mehr ist? Und da fragt man sich, was mit den beschlagnahmten Drogen passiert.
Anlass zur Sorge bereiten aber auch einzelne Reaktionen aus dem Publikum.
Der Moderator ruft auch zu mehr Zivilcourage auf, bekommt aber direkt Gegenwind aus dem Publikum zu spüren: „Das ist doch zu viel verlangt. Was soll ein einzelner Bürger machen, wenn sogar die Polizei machtlos ist?“ Rechtsanwalt de Wyl stimmt dem Mann zu und auch Kambouri pflichtet ihm bei.
Die Flüchtlingskriminalität ufert aber auch wirklich aus. Vor allem die Passvergehen und die Diebstähle stellen die zivilcouragierten Deutschen vor immense Herausforderungen. Aber zum Glück ist, so lese ich die Zusammenfassung im Artikel, die Zeit der Bewaffnung und der zivilcouragierten Bürgerwehren ja nur von kurzer Dauer, denn die Lösung ist ja so einfach, laut Kambouri:
Nur durch den Einsatz von mehr Polizeikräften haben wir eine Chance, das Migrantenproblem in den Griff zu bekommen […]
Das Migrantenproblem, welches in der Wahrnehmung von Tania Kambouri an offenen Grenzen und Männer aus muslimisch geprägten Ländern liegt, lässt sich durch eine besser ausgestattete Polizei beheben. Auf der einen Seite argumentiert sie, die „kein
rechtes Gedankengut“ hat und feststellt: „Ich habe selbst einen Migrationshintergrund, meine beste Freundin ist Türkin“ rassistisch und schreibt die Probleme Kulturkreisen zu,5 auf der anderen Seite soll das Problem aber mit mehr Polizei gelöst werden können? Die argumentative Lücke ist so groß, dass sie eigentlich jedem auffallen müsste.
Ich geh mir jetzt Pfefferspray kaufen und überlege, ob Messer auch schon zu weit gehen.
- Nein, ich schreibe jetzt nichts zu Polizeigewalt. [↩]
- Wie hoch ist der Anteil an nicht-registrierten Flüchtlingen eigentlich? [↩]
- Verdammt, jetzt habe ich es doch getan. [↩]
- Lies: Flüchtlinge [↩]
- Die BPB definiert Rassismus unter anderem so: Alle Formen des Rassismus‘ übersehen (bzw. leugnen), 1. dass Menschen zwar über unterschiedliche Anlagen und Fähigkeiten verfügen, die aber immer in der konkreten (politischen, sozialen, ökonomischen) Umwelt geformt werden und, 2. dass trotz äußerlicher und persönlicher Unterschiede zwischen Menschen jegliche Form der Einteilung und Abgrenzung in Rassen willkürlich, konstruiert und wissenschaftlich nicht belastbar ist. [↩]