Gremienarbeit und Gremienwahlen sind immer wieder eine gute Gelegenheit, um eine ganz besondere Art von Artikel zu finden. Oft genug beschweren sich Menschen über die Arbeit einer bestimmten Gruppe, den Wahlkampf (von allen Gruppen) oder über das fehlende Engagement in Bezug auf die Strukturierung des Toilettenpapiers. Im letzten Jahr war der RCDS Watchblog ein guter Fundort für mehr oder weniger typische Meckerei. Nach anfänglichen Schwierigkeiten hat es der Watchblog aber geschafft, dass die Argumentation halbwegs nachvollziehbar war.1
Dieses Jahr kommt ein interessanter Artikel aus einem anderen Lager, nämlich von FixIT.
Einzelne Piraten treten zusammen mit einigen Mitgliedern der FIN auf der Liste FixIT an, um weniger zu labern und mehr zu machen. Das „Feindbild“2 wird in der GHG gefunden. Im Artikel „Die dreisten Lügen der GHG“ beweist die Hochschulgruppe allerdings eindrucksvoll eigene Schwächen.
1. Auch Piraten ITler können nicht zwangsläufig „Internet“.
2. Belege gehören in Hausarbeiten, nicht in den Wahlkampf.
3. Wahlkampf ist Zeitverschwendung, deswegen oder vielleicht trotzdem macht die HSG Wahlkampf.
Zu 1.:
Wer einen Blog im Internet betreibt3, der kann gefälligst auch mal auf fremde Inhalte verlinken. Anstatt mal auf die GHG zu verlinken, wird nur ein, obendrein schlecht fotografiertes, Bild des Flyers eingestellt. Sorry, aber sowas ist einfach nur bescheuert. Man kann seinen LeserInnen mit ganz wenig Aufwand die Chance geben, mit nur einem Klick zu weiteren Informationen zu gelangen. Gerade von Piraten und FINlerInnen erwarte ich persönlich erheblich mehr.
Zu 2.:
Im Artikel selbst stellt der/die AutorIn locker flockig verschiedene Behauptungen auf. Grundthese des ganzen Eintrages ist:
Leider ist es in Magdeburg üblich, einen jährlichen Wahlkampf zu führen um in den Studierendenrat gewählt zu werden. […]Eigentlich sollte man gegen diesen Wahlkampf sein. Denn man kann seine Zeit für Nützlicheres nutzen, als uns selbst zu beweihräuchern.
Dieses Thema ist altbekannt. Setzt man gut informierte Wähler voraus, dann kann man sich Wahlkampf tatsächlich sparen. Empfindet man die Wähler als nicht so gut informiert, dann ist Wahlkampf allerdings durchaus sinnvoll. Die FixIT-HSG sieht also Wahlkampf grundsätzlich erstmal als verschwendete Zeit an und auch nur als Form der Selbstbeweihräucherung. Das ist das gute Recht der HSG, aber man sollte die auf dieser These aufbauende Argumentation schon belegen. Die HSG fährt nämlich u.a. so fort (zusamengefasst):
Mitglieder der GHG erscheinen nicht zu Veranstaltungen, die vom StuRa, aber nicht von der GHG organisiert sind und bewerben diese auch nicht. Wer Belege will, der darf jetzt selbst suchen. Das alles ist Verschwendung durch Wahlkampf, weil nicht näher benannte GHG-Mitglieder mit Mandat im StuRa mit Verweis auf den zu planenden Wahlkampf nicht erschienen sind. Da wurde also…irgendwas…verschwendet.4
Stein des Anstoßes war aber wohl der bereits erwähnte Flyer. Die HSG Mitglieder empfanden die Homepage und den Flyer der GHG als so dreist, dass sie „wirklich verärgert gewesen [sind]“, „nachdem [sie] den Flyer […] und die Website der GHG gesehen haben“. Auf dem Flyer ist nichts vom StuRa oder so zu lesen, die GHG behauptet da gar nichts, was auch nur annähernd zur o.g. Kritik der „Verschwendung durch Wahlkampf“ passen würde. Aber vielleicht ist das auch gar nicht der Punkt. Weiter heißt es nämlich bei FixIt:
Um zum eigentlichen Punkt der Wahlwerbung zurückzukehren: Die GHG verschwendet mit dem Erstellen und Verbreiten der Wahlplakate und Flyer nicht nur Zeit, sondern auch Geld und Materialien. Somit widersprechen sie schon ihren eigenen Forderungen nach Ressourcenschonung.
Nun kann die GHG mit ihrem Geld ja erstmal machen, was sie will. Sicher, wenn die Wahlmaterialien der GHG nicht besonders umweltschonend hergestellt worden sind, dann wäre das etwas merkwürdig, aber nun. Interessant an der „Argumentation“5 der FixIT-HSG ist aber folgendes: Es klingt schlicht so, als würde die GHG das Geld des StuRas verschwenden. Die GHG fordert eine Ressourcenschonung an der Uni und wenn behauptet wird, dass sie dieser Forderung widerspricht, dann klingt es zunächst so, als würde die GHG Ressourcen verschwenden, die nicht ihr gehören. Das ist nun ziemlicher Blödsinn. Die GHG wird, soweit ich weiß und bitte korrigiert mich, wenn ich da falsch liege, zwar durchaus finanziell und in Bezug auf andere Ressourcen von den „richtigen“ Grünen unterstützt6, aber trotzdem benutzen die ihr verdammtes Geld. Und mit ihrem Geld dürfen die tun und lassen, was sie wollen. Mit einer „dreisten Lüge“ hat das nichts zu tun.
Nach diesem eher kruden Abschnitt werden die Vorwürfe dann wieder deutlich ernster. So soll die GHG gut laufende Projekte für „ihre“ Projekte ausgeben, obwohl es Projekte des StuRas sind. Das ist ein ernster Vorwurf. Wenn die Organisation „gruppenübergreifend“ geschehen ist, dann hat das Lob auch an alle zu gehen.7 Aber auch hier sucht man vergeblich nach Belegen für diese Behauptung. es werden nicht einmal konkrete Projekte, Veranstaltungen o.ä. benannt. Auch die Behauptung der „Blockierung“ von Posten durch Abwesenheit wird nicht belegt. Protokolle sind dafür wunderbar geeignet, das hatte selbst der RCDS Watchblog verstanden. Die FixIT-HSG nicht.
Abschließend lässt sich der/die AutorIn8 noch über seine Auffassung von Toleranz aus. Die GHG fordere Toleranz, sei aber intolerant der Magdeburger Runde gegenüber, weil diese Burschenschaften und Corps unterstützen würde. Belege für die fehlende Unterstützung durch die GHG oder die bestehende Unterstützung durch die Magdeburger Runde fehlen erneut. Auch die Behauptung, die GHG hätte die Würde von jemandem verletzt, bleibt unbewiesen. Putzig ist auch folgender Absatz:
Ebenfalls diskriminierend reagierten GHG-Mitglieder in diversen StuRa-Sitzungen mit negativ intendierten Mimiken, Gestern [sic!] und Beschimpfungen auf Reaktionen und Meinungsäußerungen anderer StuRa-Mitglieder und Gäste, welche die GHG-Meinung nicht teilten.
Keine nähere Erläuterung, keine genauen Beispiele. Und „negativ intendierte Mimiken [und] Gesten“ ist nun eine wirklich, wirklich weitreichende Beschreibung. Ich tippe mir auch mal an die Stirn oder verdrehe die Augen, wenn eine Äußerung dies in meinen Augen verdient. Eine Verletzung der Würde o.ä. ist das aber noch lange nicht. Die FixIT-HSG tut an dieser Stelle genau das, was sie in diesem und im folgenden Absatz9 anprangert.
Zu 3.:
Die FixIT-HSG will keinen Wahlkampf. Nun aber mal Butter bei die Fische: Was ist es denn, wenn man kurz vor Wahlen Äußerungen über die empfundenen oder nachweisbaren Schwächen der politischen Konkurrenz macht? Was sind Äußerungen im Namen einer politischen Gruppe denn anderes als Wahlkampf? Warum tätigt man solche Äußerungen nicht mitten in der Legislatur, wenn man Wahlkampf als Zeitverschwendung ansieht? Warum wartet man damit bis zur Wahlwoche?
Wenn man sich über Wahlkampf an sich beschwert, dann sollte man auch keinen Wahlkampf machen.
Abschließend: Ich bin kein Mitglied der GHG und bin in meiner Zeit an der Uni Magdeburg auch öfters nicht mit den Meinungen und Ansichten einzelner GHG-Mitglieder konform gegangen.10
UPDATE 30. Mai 2012:
Der Vorstand der Piraten-HSG hat mich darauf hingewiesen, dass auf der FixIT-Liste zwar auch Piraten antreten, es sich aber nicht um eine Piraten-Hochschulgruppe handelt. Ich bin seinem Wunsch nach Klarstellung nachgekommen und habe die entsprechenden Stellen geändert bzw. verdeutlicht. Sollte ich noch etwas übersehen habe, dann bitte ich um einen kurzen Hinweis.
- Trotzdem(?) wurde der Blog nicht weitergeführt. [↩]
- Also die Laberer, die nichts machen [↩]
- Oder etwas, was blogähnlich ist. [↩]
- Meine Zeit. Ich musste den Absatz ja lesen. [↩]
- Ich benutze dieses Wort in diesem Zusammenhang wirklich nur sehr, sehr vorsichtig. [↩]
- Andere HSGs haben dieses Glück nicht. [↩]
- Wenn hingegen nur eine Gruppe alles organisiert hat, dann darf die sich auch gerne damit schmücken…imho. [↩]
- Ja, man könnte den genauen Urheber mal kenntlich machen. [↩]
- „Hierzu kommt teilweise auch unangebrachtes Verhalten, wie das öffentliche aussprechen von Anschuldigungen.“ [↩]
- Bevor hier jemand meckert, dass ich Wahlkampf für die GHG mache. [↩]
Vielen Dank für den Artikel.
Ich bin auch schon seit langem ein Freund deines Blogs. Obwohl ich von den Piraten bin, muss ich deiner Argumentation großteils zustimmen. Hier wurde ein Artikel veröffentlicht, der so eigentlich nicht hätte Veröffentlicht werden sollen. Entschuldigung.
Der Artikel wurde jetzt geändert und mit dem richtigen Text versehen.
Wir möchten die GHG nicht als Feindbild betrachten. Die GHG ist eine der besten Hochschulgruppen die diese Universität hat. Allerdings hat sie uns mit ihrem Flyer ziemlich verärgert. Sie stellen sich selbst dar, als hätten Sie all dies gemacht und man müsste Sie wählen um das wieder zu bekommen.
Das in den meisten der Dinge die sie „im letzen Jahr gemacht haben“ viel mehr Arbeit anderer StuRa-Mitglieder (und Nicht-Mitglieder) steckt, haben sie einfach verschwiegen. Sie stellen es als ihr Werk dar. Das ist falsch.
„Die PHSG will keinen Wahlkampf. Nun aber mal Butter bei die Fische: Was ist es denn, wenn man kurz vor Wahlen Äußerungen über die empfundenen oder nachweisbaren Schwächen der politischen Konkurrenz macht? “
Genau das war unser größtes Problem. Entweder wir lassen diese Lügen so stehen oder wir steigen mit in diesen Wahlkampf ein. Wir haben uns für einen Mittelweg entschieden.