Die deutsche Sprache ist für mich…

…ein Werkzeug.

Was einem die Sprache selbst nicht abnimmt, ist die Konstruktion eines Textes. Zwei Seiten darüber, was die deutsche Sprache für mich ist, das schreibt sich nicht von alleine und so ist dieser Text auch etwas sprunghaft. Aber mal ehrlich, was sind schon zwei Seiten, wenn man beschreiben soll, was die deutsche Sprache für einen bedeutet? Seit 25 Jahren benutze ich nun diese Sprache, wobei mein Babygebrabbel nun sicher nicht wirklich eloquent war. Spätestens seit der ersten Klasse schlage ich mich erntshaft mit den Möglichkeiten und Ausnahmen dieser Sprache rum, später auch noch mit den Eigenheiten der englischen und lateinischen Sprache. Und da soll ich jetzt auf zwei Seiten was schreiben?
Ich finde ein Text über die deutsche Sprache sollte eigentlich hochtrabender anfangen, nur fällt mir nichts wirklich Hochtrabendes ein. Naja, dann wollen wir mal…

Da steht sie also im Raum. Die Frage nach dem „was ist das eigentlich für mich, die deutsche Sprache?“. Dabei ist die deutsche Sprache nicht nur gut dazu geeignet Fragen zu stellen, nein sie wirft auch gerne Fragen auf, jedenfalls seit der Rechtschreibreform, da frag ich mich echt manchmal: „Wie wird das jetzt nochmal geschrieben?“
Es sieht ja nicht jeder gerne so eine wilde Mischung aus alter und neuer Rechtschreibung. Aber irgendwie hänge ich doch an der Schiffahrt mit zwei F und dem guten, alten ß. Früher hatte ich kaum Probleme mit der deutschen Rechtschreibung, doch jetzt geht es mir manchmal wie Reinhard Mey und ich will rufen: „[…] Ich werde Anarchist, der begreift, daß die Rechtschreibung die Wissenschaft der Esel ist. Ein Freigeist, ein großer Denker, ein Erfinder, ein Poet, ein zukünftiger Weltenlenker beugt sich nicht dem Alphabet!“ Nur leider singt der Herr Mey und ich, ich schreibe eher. Also drehe ich mich fröhlich mit im unendlichen Tango der deutschen Rechtschreibung und tanze manchmal noch Foxtrott mit der Sprache und den Fragen der Linguisten.

Welch wilde Piruetten kann man drehen, wenn man einmal versucht tradierte Sichtweisen zu überwinden. Dann werden aus Hinweisschildern wahrlich philosophische Abhandlungen. Wahrscheinlich unvergessen für jeden, der einmal das Studienbuch Lingusitik gelesen hat: Darf ich jetzt nur auf die Rolltreppe, wenn ich einen Hund trage? Oder Zeitungen, die voll davon sind, dass Leichen andere Menschen umbringen. Zombies entstehen halt nicht durch Voodoo oder Viren, sondern durch sprachliche Ungenauigkeiten. Wobei ja eigentlich nicht die Sprache ungenau ist, sondern nur der Sprachverwender oder, in manchen Fällen, der Empfänger sprachlicher Mittel.

Andererseits ist die deutsche Sprache auch ein höchst theoretisches Konstrukt. Sie ist ein System, bestimmt von verschiedenen Faktoren. Wie viele andere Systeme ist auch die Sprache einem Wandel unterworfen und wie bei jedem Wandel gibt es die Personen, die den Wandel begrüßen und die, die ihn eher ablehnen. Wo fängt deutsche Sprache an und wo hört sie auf? Wie viele Anglizismen und Neologismen kann die deutsche Sprache verkraften, bis sie eigentlich nicht mehr die deutsche Sprache ist? Und wer entscheidet darüber, welches Wort zu einer Sprache gehört und welches nicht? Wahrscheinlich die Autoren von Wörterbüchern, denn die haben ja schon irgendwie die Entscheidungsgewalt, schließlich kann denen niemand sagen was richtig und was falsch ist, denn sie schreiben die Wörterbücher.

Zugegeben, dies ist jetzt überspitzt, wenn nicht sogar etwas polemisch. Aber auch dies zeichnet die deutsche Sprache aus: die Verwendungsmöglichkeiten. Vielfältig und nicht immer leicht zu beherrschen sind ihre Facetten. Dies gilt natürlich für nahezu alle Sprachen, aber um die soll es ja an dieser Stelle nicht gehen. Durch die Nutzung und Beherrschung der vielfältigen Möglichkeiten, die die deutsche Sprache bietet, wird eben diese Nutzung erst richtig interessant. Denn Situation, Wortwahl, Kontext, all dies verändert und bestimmt die zu übermittelnde Botschaft. In der sprachlichen Kommunikation kommen natürlich auch noch Dinge wie Betonung, Mimik, Gestik usw. hinzu, aber auch in der Schriftsprache gibt es die vielfältigsten Möglichkeiten den reinen „Wortsinn“ zu erweitern. Somit wird das Werkzeug Sprache bei Bedarf zum Hammer, zum Skalpell, zum Samthandschuh oder zum Gift. Wie langweilig wäre eine Welt, in der das Schwert mächtiger wäre und tiefer schneiden könnte als die Feder? Oder eine Welt in der ein Bild wirklich immer mehr sagen würde, als es 1000 Worte vermögen?

Jede Situation, jeder Kontext, jede Absicht fordert seinen eigenen Sprachgebrauch. Selbst die Zeit in der wir leben fordert der deutschen Sprache und ihren Verwendern Leistungen ab, die noch vor Jahren fast undenkbar waren. Aus den Studenten wurden erst die StudentInnen und dann die Studierenden. Mancherorts wird dies sogar noch weiter auf die Spitze getrieben und man (oder auch frau) muss Wortungetüme wie PartnerInnenschaften lesen. Zur so genannten „gendergerechten Sprache“ kann meinetwegen jeder stehen, wie er will. Konsequent ist das eh nicht, denn auch Frauen spielen in Mannschaften und es ist immer noch nur Atemschutzgeräteträgern verboten Bart zu tragen.

So ein schluß ist jetzt nicht unbedingt versöhnlich, aber man kann wenigstens darüber streiten. Und streiten, streiten kann man in der deutschen Sprache wirklich vortrefflich, zu jeder Zeit, in jedem Dialekt, in jedem Regiolekt und in den Soziolekten sowieso.
Ji mutten weten: un smeckt jo dat nich, is mi dat ok schietegaal. ji sünt denn woll keen Knevels, wat nich heet, dat ik nu schellen do. Aber passt man up ji Töffels, wi nehmt jo up die Schüppe.

PS: Achja, das hier ist eine Aufgabe für die Uni, der Zyniker durfte auch.

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