Wer ist der Nazi?

So betitelt ZEIT Campus in der aktuellen Ausgabe einen Bericht über „nette(?)“, bzw. „neue“ Nazis. Für manche mag es ja noch neu sein, dass Nazis nicht mehr permanent mit Baseballkeule und Springerstiefeln in der Gegend rumrennen, sondern äußerlich aussehen, wie „du und ich“. Eigentlich ziemlich mies von denen, denn man muss ihnen neuerdings erstmal zuhören, bis man erkennt, dass sie sich zwar äußerlich gewandelt haben, aber innerlich immer noch tief braun sind. Der Artikel an sich ist recht interessant geschrieben, auch wenn er für mich persönlich jetzt keine neuen Erkenntnisse liefert, aber es besteht die Hoffnung, dass es dem einen oder anderen Studenten die Augen öffnet, der bisher eher mit der Mentalität durch’s Leben gelaufen ist, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ein Phänomen ist, welches einem nur auf Stammtischen oder in „bildungsfernen Schichten“ begegnet. Die Personen, die wissen, dass sie mit dem Bundesschulungsleiter der JN an einer Fakultät studieren, kann man wahrscheinlich an einer Hand abzählen. Eigentlich verwunderlich, gab es doch eine Rundmail an alle Studierende der Uni Magdeburg bei den letzten Gremienwahlen. Matthias Gärtner, seines Zeichens eben selbiger Bundesschulungsleiter, trat nämlich mit einem seiner Kompanions unter dem Listennamen „Studentische Interessen statt Politik“ zur Wahl an.

Zum Glück waren die beiden relativ erfolglos und konnten keinen Platz im Studentenrat ergattern. Aber das ist, vor allem auf Grund der Stille um die beiden (bzw. um die ganze Bagage) ja schon fast wieder Schnee von gestern. Der „Aufrege-Faktor“ ist halt nicht mehr gegeben. Und nun plätschert alles so vor sich hin und man gewinnt fast den Eindruck, dass viele Studierende dieses Gedankengut stillschweigend hinnehmen. Klar sind „wir alle“ dagegen! Und es ist doch „selbstverständlich, dass man gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Diskriminierung ist“! Wenn man sich ältere Einträge hier und auch die Kommentare dazu anguckt, dann scheint dem offenbar nicht so zu sein. Mit der Antidiskriminierung ist es in den Köpfen eh noch nicht so weit hin. Familienfreundliche Uni, aber die junge Mutter, die ihr Kind mitbringt wird spätestens dann schief angeguckt, wenn das Kind anfängt zu schreien. Ist ja auch wirklich nervig so ein Blag, vor allem da die Referate ja immer so spannend sind.
Aber ich schweife ab. Ich wollte ja eigentlich was über braune Studenten schreiben. Wenn man sich den Artikel so durchliest muss man ja schon ein bisschen Grinsen. Nicht über die Aussagen, die sind schlimm genug. Aber über die „Realsatire“ in die sich Matthias Gärtner und Michael Schäfer (JN Bundesvorsitzender) selbst hineinmanövrieren ist so schön, ausgedacht könnte es kaum besser sein. So heißt es im Artikel:

Auf die Frage, welche Parallelen es denn zwischen »Nationalsozialismus« und »nationalem Sozialismus« gebe, weicht Gärtner aus. Da sei er jetzt gerade nicht auf dem neuesten Stand – was insofern seltsam klingt, als dass er eine Stunde später ein Referat über das Thema halten will.

Noch besser als Extra 3!

Wer jetzt denkt: Aber in Seminaren werden die doch garantiert auseinandergenommen, gerade in der Politikwissenschaft, oder? Tja, ich weiß ja nicht wie es in Halle aussieht, aber hier in Magdeburg passiert das nicht. Was allerdings daran liegen mag, dass Gärtner nicht gerade für vielfältige Redebeiträge in Seminaren bekannt ist. Meistens sitzt er einfach da und hört zu…also zumindest sitzt er da. Rauchen sieht man ihn da schon häufiger, ähnlich wie auf dem Bild im Artikel. Liegt wahrscheinlich daran, dass die Wortergreifungsstrategie streng rationiert wird. Wahrscheinlich schützt dieses Vorgehen aber auch vor einer Menge kritischer Kommentare. Da haben es diejenigen, die sich aktiv gegen rechtsaußen aussprechen schon schwieriger. „Laut“ gegen Rechts zu sein scheint weniger konsensfähig, als „leise“ rechts zu sein. Unkenrufe und pseudokritische Kommentare bleiben zumindest bei Aktionen wie dem Protest gegen den Laden „Narvik“ im Hundertwasserhaus zu Magdeburg nicht aus. Es seien doch nur Klamotten, man würde den Nazis damit nur eine Bühne geben und sowieso und überhaupt mache man sich ja nur lächerlich. Ich finde die Initiatoren, wie das „Bündnis gegen Rechts“ oder Die Grünen haben da eher Respekt verdient und haben meine volle Unterstützung, auch wenn ich es irgendwie fast nie schaffe zu den Aktionen zu gehen. Man möge es mir verzeihen. Als kleine „Wiedergutmachung“ hier wenigstens ein paar Bilder von der letzten Aktion mit dem Titel „Naziklamotten zu Putzlappen!“ Sehr gelungene Aktion, wie ich finde, auch wenn die Infotafeln nie lange halten. Zum Vergrößern wie immer auf die Bilder klicken. (Der Infoflyer is leider etwas klein.)

Mal gucken, wie es weitergeht, nach diesem Zeitungsartikel. Vielleicht rüttelt das ja noch ein paar Leute wach. Die nächsten Gremienwahlen stehen auch an, vielleicht gibt es ja eine Neuauflage der Liste. Zumindest ist sicher, dass ein paar nicht ruhig zusehen werden und so heißt es für diese auch weiterhin:

(Der Pfeil zeigt auf die Öffnung eines Mülleimers…)

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